Farewell Tim de Paravicini

Farewell Tim de Paravicini

Die Audiowelt hat einen der ganz Großen verloren. Tim de Paravicini hat am 17.12.2020 den Kampf gegen den Krebs verloren. Zuvor hatte er 18 Monate durchgehalten, nachdem die Ärzte in Japan ihm noch sechs gegeben hatten. Das passt zu Tim, der niemals aufgeben wollte und nach vier Runden Chemo noch eine Gen-Therapie im Krankenhaus eines japanischen Nobelpreisträgers für Medizin begann. Ihn haben dabei weniger die Schemerzen mitgenommen, als der Umstand, dass er nicht mehr so klar denken konnte wie zuvor und Schaltungen nicht mehr wie von allein in seinem Kopf entstanden.

Ich kannte Tim nur vom Hörensagen, als den Guru, der bei MFSL das Studio eingerichtet hat, als ich ihn auf der London Hifi-Show persönlich kennen lernte. Ein großer und durchaus streitbarer Mann, der sich seiner Brillanz absolut bewußt war. Gegen Nachmittag auf dieser Messe  näherte sich ein junger Mann im Anzug dem großgewachsenen Herrn de Paravicini. Er zog eine Visitenkarte und nannte den Namen eines nicht ganz unbekannten Studiotechnik-Herstellers. Man hätte da einen neuen Prozessor, der eigentlich hervorragend wäre, doch leider gäbe es Probleme mit den Mikrofonanschlüssen, die eigenen Ingenieure bekämen das nicht in den Griff und man wollte Tim um Consulting bitten. Tim sagte kurz angebunden, er wolle die Schaltpläne sehen. Der junge Mann zog diese begeistert aus einem Koffer und Tim studierte diese für wenige Augenblicke. Dann drehte er sich um und begann dem jungen Mann einen Vortrag über die komplette Inkompetenz seines Unternehmens zu halten. Die Ingenieure hätten ihren Namen nicht verdient, das Unternehme werde offenbar von Idioten geführt und es wäre eine Frechheit ihm mit einer solchen Trivialität, die ein Kind lösen könnte zu belästigen. Das war die Kurzfassung. Tim breitete es auf eine gute Stunde aus. Dann kam eine freundliche Japanerin hinzu, fasst den jungen Mann, der zu diesem Zeitpunkt völlig fertig war, am Arm und sagte mit Bestimmtheit: Mein Mann wird ihr Problem lösen.

Der junge Mann hinterließ mit großer Erleichterung diese Dependance der Vorhölle und die Familie de Paravicini begab sich zum Essen. Während man noch auf die Getränke wartete, gab Oliva de Paravicini Tim einen Zettel und bat ihn, die Lösung für das Problem aufzuschreiben, damit sie dem Studio-Technik-Hersteller die Lösung mitsamt einer Rechnung schicken könnte. Tim schloss die Augen, zeichnete eine Schaltung auf den Zettel und gab diesen, ohne noch einmal darauf zu gucken, an seine Frau zurück. Ich glaube, es hat keine 10 Sekunden gedauert.

Etwas verwirrt fragte ich, ob man das nicht gleich hätte erledigen können. Tim erklärte mir, den Fehler habe er früher gemacht. Seitdem seine Frau das Geschäft führt, soll er das jedoch nicht mehr, weil niemand sonst bereit wäre eine Rechnung für seine Beratung zu zahlen.

Über die Jahre sollte Tim ein Freund werden, der mir nicht nur die Aberlour Whiskys näher gebracht hat, sondern auch seine Einstellung etwas entweder richtig zu machen oder aber gleich sein zu lassen. Ich werde ihn vermissen.

Hier gibt es einen Link zu einem englischsprachigen Nachruf von Dan Meinwald in The Absolute Sound. https://positive-feedback.com/audio-discourse/tim-de-paravicini/

Kommentare sind geschlossen.